„Ich hänge den Schal jeden Tag aus einem anderen Fenster des Rathauses.“ Das hat sich Karin Petersen-Nißen schon fest vorgenommen. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig sitzt mit 13 Frauen an einem großen Tisch in den Räumen der Awo. Auf dem Tisch liegen über 1000 bunte gestrickte und gehäkelte Quadrate, die zu mehreren überdimensionalen Schals zusammengenäht werden. Alle Quadrate messen 20 mal 20 Zentimeter – und so unterschiedlich diese Stücke in Farbigkeit und Material sind, so unterschiedlich sind wohl auch die Menschen, die sie gefertigt haben. Dennoch verbindet sie eine Gemeinsamkeit: Der Wunsch, auf das Thema häusliche und sexuelle Gewalt an Frauen aufmerksam zu machen.

Jede dritte Frau erlebt in ihrem Leben häusliche, jede siebte sexuelle Gewalt. Es geschieht im Verborgenen. Häufig sogar im nahen Umfeld, dort, wo man sich eigentlich besonders sicher fühlen sollte. Dabei ist das Empfinden von Gewalt sehr individuell. „Gewalt beginnt dort, wo ich mich nicht mehr wohl fühle. Dort, wo ich einem Übergriff, in welcher Form auch immer, ausgesetzt bin“, definiert Isabel Cicerale, Sozialpädagogin im Frauenzentrum Schleswig. Gewalt äußert sich in unterschiedlichster Form und reicht beispielsweise von häuslicher über psychische, sexuelle bis hin zur digitalen Gewalt. „Für viele Frauen ist das noch immer eine schambesetzte Tabuzone.“

Nachdem die vielen Quadrate zu mehreren Schals zusammengenäht sind, sollen sie an unterschiedlichen Orten – in den Rathäusern von Schleswig und Kropp, im Frauenzentrum, das gerade zum Capitolplatz 4 umgezogen ist, am Regionalzentrum des Kirchenkreises in Kappeln und an vielen anderen öffentlichen Gebäuden ¬– ein buntes Zeichen gegen Gewalt an Frauen setzen. „Passend zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November starten wir mit dem aushängen der Schals am 20. November. Mit den bunten Schals möchten wir aber auch über diesen Tag hinaus für das Thema sensibilisieren“, betont Isabel Cicerale. „Es ist schön, dass wir mit einem so positiven und farbenfrohen Zeichen auf ein doch sehr dunkles Thema aufmerksam machen können.“

Quelle: https://www.shz.de/21529527 ©2018